Hörenswert: Theon Cross – “Intra-I”
Elektronische Soundscapes, Drumcomputer, Hip-Hop, Dub und Jazz. Nach seinem Debut “Fiyah” (2019) kommt der britische Star-Tubist mit einem Album, das nicht weniger heiß ist. Auf “Intra-I” verabschiedet sich Cross aber ein Stück weit vom expressiven Power-Jazz des Vorgängers und wählt einen mehr elektronisch klingenden Weg, der auch aufgrund der Gastvokalisten wesentlich mehr Atem in sich birgt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 22.10.21 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 28.10.21 ab 00:00 Uhr.
Und vielleicht ist der Begriff ‘Atem’ sogar als Zentrum des Albums zu bezeichnen, um das sich Cross’ musikalisches Universum auf “Intra-I” dreht. Denn auch spieltechnisch wählt Cross hier einen Ansatz (im wahrsten Sinne des Wortes), der neben klaren Tönen oft Klänge erzeugt, die eher hauchend, wispernd oder gar geräuschhaft anmuten, ohne dabei übermäßig experimentell zu wirken. Dass der umjubelte Brite ein musikalischer Abenteurer ist, offenbarte sich schon auf “Fiyah”. Und so ist es wohl auch keine große Überraschung, dass “Intra-I” so komplett anders klingt als sein Vorgänger. Verwunderlich ist dann aber doch der Verzicht auf Interaktion, da hier der Drumcomputer die zentrale rhythmische Rolle spielt, der Letzteres nicht zulässt. Mit diesem Ansatz handelt sich Cross natürlich die Missgunst der Jazz-Polizei ein, die damit sicherlich ihre Probleme haben wird.
Es spricht aber für Cross und seine Abenteuerlust, dass er sich eben nicht von den Regelwerken der Genres einengen lässt und folglich eine sehr heterogene Fangemeinde besitzt, die sich aus Heavy-Metallern, Elektronikern bis hin zu Hip-Hop-Freaks zusammensetzt. Cross ist kein Fachidiot und natürlich ist seine musikalische Identität vom kulturellen Schmelztiegel Londons geprägt, in dem er seine Sozialisation erfuhr. Und genau dieser Umstand spiegelt sich in “Intra-I”. Dementsprechend deep und erdig klingt dieses Album, das von den diversen Einflüssen wie Dub, Hip-Hop, Jazz und Elektronik geprägt ist. Was das Album mit seinem Vorgänger gemeinsam hat, ist dieser äußerst hippe Impetus, den auch “Intra-I” besitzt und der einem stets das Gefühl vermittelt, an der Coolness der Londoner Subkultur teilzunehmen.
Selbstverständlich ist Technik wichtig. Aber diese ist eben doch nur ein kleiner, oft überschätzter Baustein von vielen anderen, aus denen sich ein musikalisches Werk zusammensetzt. Es kommt neben dem ‘wie’ auch darauf an, mit welcher Haltung etwas gespielt wird. Diese Erkenntnis besitzt auch Cross, wie hier eindrucksvoll zu hören ist.
“Intra-I” ist ein erfrischend neu klingendes Album, das sich oszillierend zwischen diversen Genres bewegt und dank der Gastrapper (siehe unten) mit ein paar fetten Hip-Hop Nummern rüber kommt. Allerding wirkt “Intra-I” ab und an etwas statisch. Trotz des elektronischen Ansatzes den Cross hier wählt, würde gerade den Instrumental-Nummern mehr Interaktion ganz gut tun.
Gastvokalisten:
- Remi Graves
- Shumba Maasai
- Afronaut Zu & Ahnansé
- Consensus
- Oren Marshall
“Intra-I” ist am 3.12.2021 auf New Soil erschienen.
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