Hörsturz #7: Freies Radio aus dem Innergebirg?
Wir sitzen am Hiasnhof der Familie Naynar-Lanschützer in Göriach (ja, der mit dem berühmten Käse) in der Abendsonne. Hier gibt es gerade eine Kunstausstellung der Lungauer Malerin Elisabeth Strauß zu sehen. Neben mir sitzt Robert Wimmer, Vorsitzender der Lungauer Kulturvereinigung. Er ist ein Beigeisterter im wörtlichen Sinn, es scheint ihm das Herz überzugehen, wenn er über Kultur im Lungau erzählt. Er zeigt und erzählt mir alles Mögliche und ich bin beeindruckt, hatte ich doch kaum eine Ahnung, was da alles passiert „hintan Tauern“. Aber gekommen bin ich, um mit ihm über Radio zu sprechen:
Radiofabrik: Robert, was heißt für dich Freies Radio, welche Vorstellungen verbindest du damit?
Robert Wimmer: Freies Radio ist für mich unabhängig von gewissen Monopolen, die jahrzehntelang gewachsen sind, und wird von freien, nichtprivilegierten Nutzergruppen und RadiomacherInnen gemacht. Gunther Naynar (der Bauer, bei dem wir zu Gast sind) hat vorhin gesagt, er hört nur Ö1. Das ist ein toller Sender, keine Frage. Aber ich kenne zum Beispiel die Radiosendungen von Spektrum und der Lebenshilfe auf der Radiofabrik. Da kommt das Moment des Selbermachens, des selbst für sich Sprechens dazu. Das Selbermachen ist ja eigentlich schon ein alter Hut – aber hier spielt dazu noch die Meinungsfreiheit eine große Rolle und es gibt einen realen Raum, wo man zusammenkommen kann – es ist nicht einfach nur irgendwo im Netz.
Radiofabrik: Apropos Selbermachen: Wir haben einige Kultureinrichtungen bei uns im Programm, wie das Literaturhaus, das Rockhaus, die Stiftung Mozarteum, die monatlich eigene Sendungen gestalten – die sind aber alle in der Stadt. Wir werden demnächst gemeinsam mit dem Dachverband der
Salzburger Kulturstätten (wo du ja auch im Vorstand bist) einen eigenen Radioworkshop für Kulturinitiativen außerhalb der Stadt Salzburg anbieten, wo man an einem Tag lernen kann, wie man eine Radiosendung gestaltet, produziert und zur Ausstrahlung bereit stellt. Wäre das für euch interessant?
Robert Wimmer: Ja, da sind wir auf jeden Fall dabei. Wir machen auch jetzt schon manches in die Richtung: Wir hatten einige Veranstaltungen zur Mundart und haben die aufgenommen und archiviert. Wir haben schon einen mp3-Recorder für diese Zwecke. Ein Kollege arbeitet mit Film, auch da haben wir schon einiges im Archiv an Theaterproduktionen und so weiter, die wir aufgezeichnet haben. Daraus etwas zu machen, zu lernen, wie man das entsprechend zusammenstellen und veröffentlichen kann, das wäre für uns sehr spannend.
Radiofabrik: Könnt ihr euch vorstellen, das in der Folge auch für andere zu öffnen, dieses Wissen in eurer Region weiter zu geben, vielleicht mal ein Mischpult und einen Streamer anzuschaffen und damit ein kleines Lungauer Außenstudio zu werden?
Robert Wimmer: Das ist sowieso unser Zugang. Genauso wie beim Theater, wir sind da nicht 15 Eingeschworene, die spielen – wir gehen raus, gründen ein Jugendtheater, bieten Workshops für Berufschulen an. Kunst und auch Medien ‚hinaus‘ zu bringen ist unser Ansatz – es scheitert halt bis jetzt oft an der räumlichen Situation. Nach dem Kunsthausdebakel vor drei Jahren sind wir zwar nur vorsichtig optimistisch aber: Wenn wir das Hattheyerhaus kriegen, wird vieles möglich. Da gibt es 12 Räume, da könnte einer ein Radiostudio werden
und einer ein Filmstudio, in denen wir Medienzugänge für alle zu Verfügung stellen, von Kindergärten über Schulen, MigrantInnen, alte Menschen usw.
Radiofabrik: Wo denkst du könnte es Schwierigkeiten geben?
Robert Wimmer: Eben wie gesagt die Räume, dann das technische und rechtliche Know-how, aber das können wir uns ja von euch holen. Und ganz profan: die Mittel dafür aufstellen. Was kostet so eine Studioeinrichtung?
Radiofabrik: In der Basisversion lässt sich das schon für zwei bis dreitausend Euro machen.
Robert Wimmer: Das scheint machbar. Dann stellt sich noch die Frage: Wer betreut das in einer Form, dass auch was herauskommt? So dicht ist der Lungau nicht bestückt mit Leuten, die sich da engagieren können und auch den langen Atem haben. Viele von den Jungen gehen nach der Schule weg und auch andere fitte Leute verlassen oft die Region.
Radiofabrik: Nun ist die Radiofabrik ja im Innergebirg nicht über Antenne zu hören, sondern nur im Internet und im digitalen Kabel. Hören die Leute hier Radio via Kabel?
Robert Wimmer: Ich glaube wenig – es wird ja viel im Auto gehört und für die verbreiteten Sender wie Ö-Regional oder Ö3 braucht es kein Kabel. Aber es geht ja auch ganz anders: Wir möchten auch Künstlerisches machen, in Richtung Hörspiel oder Dokumentationen. Das könnte man sich dann „konzertant“ anhören, das fände ich spannend. So wie es einen Kinoabend gibt, gibt’s halt auch einen Radioabend. Und das dann im Internet Nachhören,
wie bei 7-Tage Ö1 – geht das bei euch auch?
Radiofabrik: Ihr könnt all eure Sendungen online speichern auf der Austauschplattform der Freien Radios Cultural Broadcasting Archive – http://cba.fro.at), das ist urheberrechtlich gedeckt, seit neuestem auch für die Musik. Da lässt sich alles zeitlich unbegrenzt nachhören und ihr könnt das auch ganz einfach und automatisiert in eure Website einbinden.
Robert Wimmer: Das ist jetzt wirklich lässig – dann haben wir eine Mediathek und können Dinge nachhören, die wir gemacht haben. Damit bekommt diese Arbeit noch mehr kultur- und gesellschaftspolitischen Anstrich, das interessiert mich, da wird es wirklich spannend. Und wenn wir das hinaustragen, die Leute beteiligen, dann reden wir auch von Bildung am Land, das kann man auf alle
möglichen Arten nutzen.
Radiofabrik: Und du glaubst nicht, dass es dafür eine eigene Radiofrequenz im Lungau braucht?
Robert Wimmer: Nein, ich glaube man muss nicht sofort in den Äther gehen. Wenn sich das etabliert hat und die Leute wissen – da kommt um diese Zeit das Lungauradio, es ist Radiotime – da schalten sie dann halt das Internet ein oder hören es später nach. Außerdem läuft da ja schon so viel übers Handy.
Und wer weiß: Vielleicht heißt es irgendwann auf Ö-Regional „Wir schalten jetzt um auf Lungauradio, weil da ist jetzt eine ganz eine tolle Sendung“ (lacht) – das war jetzt böse.
Bald hören wir also mehr und regelmäßig darüber, was im Lungau los ist.
Demnächst auf den Frequenzen der Radiofabrik, im Netz und wer weiß, wo noch. Wir sind gespannt!
Interview: Eva Schmidhuber
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