Hörenswert: Car Seat Headrest – „Making A Door Less Open“
Auf „Making A Door Less Open“ kommt so einiges zusammen: Die Seattler Indierocker Car Seat Headrest mixen darauf Electroclash und Punkpop, Futurismus und HipHop und bauen uns damit eine Soundwiese für die immer schwere Zeiten.
Besser wird’s dadurch nicht, aber das „feeling like shit“, die emotionale Baseline der Band, muss man auch mal positiv sehen.
Hörenswert. RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 05.06.20 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 11.06.20 ab 00:00 Uhr.
Hey, we’re not supposed to be here
Car Seat Headrest um Singer/Songwriter Will Toledo emanzipieren sich wohl gerade vom etablierten Sound und den gängigen Schritten in der musikalischen Konzeptionierung. Die Band ließ sich für „Making A Door Less Open“ über 4 Jahre Zeit, wobei bereits die Songs 2015 feststanden. Die Zeit ließ auch Platz für ein Experiment und die richtige Politur: „Making A Door Less Open“ wurde zweimal komplett aufgenommen, einmal als klassisches RocRockalbum, einmal rein elektronisch. Beim 16. Studioalbum des Projekts darf man sich schon mal an Außergewöhnliches wagen.
Der Wind weht dabei stark aus der Richtung von Toledos Projekt 1 Trait Danger (gemeinsam mit Andrew Katz), das dem Konglomerat Car Seat Headrest MIDI-Board, Syntheziser und Drumpad zuführt und Akustik mit digitalem Mix verrührt – manchmal gleichberechtigt, manchmal mit Überhand-nehmen einer der beiden Seiten. Das Album ist nach 4 Jahren nicht überproduziert, glänzt aber doch wohlpoliert und detailreich im eigenen Sound.
„Making A Door Less Open“ reißt manche Türen sperrangelweit auf und schmettert andere Türen dafür zu. Bedingt durch die postmodernen Hörgewohnheiten und die Praxis der „Track Listeners“ folgt das Album weniger seinem Gesamtfaden, sondern lässt die Songs als kleine Inseln bestehen, mal über breite Wege miteinander verbunden und manchmal komplett autark. Immer zwischen den gängigen Themen der der Indierock-Kinder und den Genre- und Produktionsmöglichkeiten.
Der treibende Elektro-Puls im Opener „Wightlifters“ lässt gleich mal Raum für Tumult und Ausgelassenheit, während die bei Car Seat Headrest bekannt Millenials Angst bereits beginnt wieder zu keimen: „My face burned red, then I woke up feeling like shit / When I saw my ordinary face / I should start lifting weights.“ „Can‘t Cool Me Down“ ist euphorischer Elektropop, „Hollywood“ fährt in der gleichen Schiene wie Weezers „Bevely Hills“ oder Dandy Warhols „Horse Pills“. „Hym-Remix“ verpackt die Epik in Synths aus den 2000er Jahren, es wird geloopt, gepitched und gesampelt. Und „Martin“ holt dich dann vor der verschlossenen Tür ab und dreht mit dir eine Runde bei offenem Fenster und Sommerwind.
Immer tanzbar, immer der Zerstreuung dienend. Das ist Rock’n’Roll für Indies, mit schmeichelnden Intensitätswechseln und Soundexperimenten quasi im Singleformat. Eine Kollektion an Einzelstücken, die die Grenzen innerhalb eines einzigen Albums auslotet und schaut, wo noch eine andere Version ihrer selbst möglich ist. Ein Album für jene die (noch) nicht ganz wissen was sie wollen.
Beim Suchen wird es nicht helfen. Man lernt allerdings auch dazu, wenn man nur lang genug verweilt.
„Making A Door Less Open“ von Car Seat Headrest ist am 1. Mai 2020 bei Matador Records erschienen.
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