Hörenswert: Das Ishmael Ensemble – “Visions of Light”
Das Kollektiv aus Bristol hat mit diesem Album ein grandioses und sehr düsteres Etwas geschaffen, das irgendwo zwischen Elektronik, New Wave, Jazz und Trip Hop umher schwirrt.
Hinter der kataklysmischen Grundstimmung verbirgt sich aber etwas Lebensbejahendes voll strahlender Schönheit und eine ganz eigen klingende Vision. Mit dem Ishmael Ensemble finden sich würdige Nachfolger, die Trickys musikalisches Erbe weitertragen.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 01.10.21 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 07.10.21 ab 00:00 Uhr.
Sollten Kraftwerk zusammen mit Tricky und Kamasi Washington ins Studio gehen, könnte diese Art von Musik dabei herauskommen: Sequenzer-Sounds, die fette Bässe produzieren, raffiniertes Songwriting mit zarter Frauenstimme, ein Saxophon mit freiem Ansatz, Harfen, modulierte Stimmen, Rhodes, Klavier Querflöte… All das fügt das Ishmael Ensemble um Mastermind Pete Cunningham zu einer düsteren Mischung zusammen, die so gar nicht kategorisiert werden möchte.
Nachdem das Ensemble 2017 mit “A State of Flow” debütierte, mit Lob überhäuft wurden und sie es sogar auf den Blue Note Sampler BlueNote Re:Imagined schafften, war die Hoffnung auf ein Nachfolge-Album groß. “Visions of Light” scheint vorerst musikalisch schwer durchdringbar zu sein. Aber das Ishmael Ensemble nimmt uns an der Hand und führt uns behutsam durch die guten 41 Minuten Spielzeit.
Nach einem sphärischen Intro folgt mit “Feather” eine nicht weniger sphärische Nummer, in der Holysseus Flys zarte Stimme mit Harfe, subtilem Bläsersatz, Kontrabass und Schlagzeug ihre Begleitung findet. Hier erinnert der Klangkörper noch etwas an das Cinematic Orchestra in seinen besten Phasen. Danach folgt mit “Wax Werk” eine düstere Club-Sound Nummer, die im letzten Drittel in einer expressiven Jazz-Rock-Klangwolke endet.
Auch “Soma Centre” ist in diesem Stil gehalten und bis auf “Visions of Light”, dass ebenfalls recht sphärisch daher kommt, bleibt daraufhin die Grundstimmung eine elektronisch-expressive in äußerst facettenreicher Gestalt. Dazu gehören auch die wunderschönen Momente in denen Multiinstrumentalist Pete Cunningham seinen Fähigkeiten am Klavier in der recht klassisch anmutenden Form als Liedbegleiter unter Beweis stellt. Wer danach sucht sollte sich das grandios schwebende “January” zu Gemüte führen. Ebenso verleihen etliche Gaststars (u.A. auch Bonobo) “Visions of Light” eine sich subtil stets wandelnde Erscheinung.
Es ist gerade diese Ausgewogenheit zwischen Elektronik und Handgemachtem, zwischen düsteren Clubsounds und Sphärischem und den letzten 30 Jahren Jazzgeschichte, die “Visions of Light” zu einem ganz ausdrucksstarken und in gewissem Sinne, wegweisendem Album macht. Denn das Ishmael Ensemble aus der Geburtsstadt des Trip Hop könnte eben diesen einen musikalischen Weg in die Gegenwart weisen.
“Visions of Light” ist am 6. August auf Severn Songs erschienen.
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