Hörenswert: Jacob Bellens – „Polyester Skin“
Formvollendeter Synth Pop made in Denmark.
Jacob Bellens reist mit „Polyester Skin“ zurück in die Electro-Achziger und reisst uns glatt mit. Solch Alben mit derart schönen doppeldeutigen Lyrics, meisterhafter Instrumentierung und einer einfach smoothen Produktion hört man selten. Man fühlt sich ständig an Colin Vearncombe’s aka Black’s „Wonderful Life“ erinnert, was ich ja persönlich zu den Vorzügen hinzufüge.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 11.03.16 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 17.03.16 ab 00:00 Uhr.
Das tu ich nicht zuletzt weil Vearncombe am 26. Jänner an den Folgen eines Autounfalls gestorben ist (wann hört das sterben denn endlich auf?), mit Jacob Bellens aber wahrscheinlich auch seine Freude gehabt hätte. Weil es nämlich das ist, was man wohl mit modern pop betiteln könnte, mit sprühender, melancholischer, erhebender und nachdenklicher Stimmung.
Für „Polyester Skin“ wurde sich Zeit gelassen, über 2 Jahre arbeitete Bellens mit dem DJ Kasper Bjørke zusammen, der das Album auch produzierte. Vorstellen darf man sich das offenbar wie den Briefwechsel im Jahr 2016, die beiden schickten ständig Demos hin und her, die vom jeweils anderen bewertet und ausgesucht wurden. Hat ja fast was romantisches, heutzutage, in unserer schnelllebigen Zeit.
Jacob Bellens ist in Dänemark kein Unbekannter, vor den Solopfaden war er mit seinen vorigen Bands Murder und I Got You On Tape unterwegs. Jetzt, allein, kriecht seine Musik noch mehr unter die Haut. Das beginnt schon beim Opener „Tidal Wave“: ‚What is the point of having a guiding star if you wont listen‘ – und zieht sich durch das gesamte Album – nicht zuletzt wegen einem ziemlich beeindruckendem Lineup an Gastmusikern: Tomas Høffding (WhoMadeWho), Jakob Høyer (The Raveonettes, Trentemøller, Darkness Falls) and Nils Grøndahl (Under Byen, Efterklang, Pinkunoizu). Da wird schon einiges klarer.
„Back To You“ ist jener sehnsüchtige Track, der einfach so perfekt ist dass man sich darin vergraben möchte um die Außenwelt zu vergessen. Natürlich geht es um die Liebe, jene Liebe die nicht in gut oder böse eingeteilt werden kann sondern die einfach da ist. Die man einfach hinnehmen sollte. Und die einen immer wieder zurückführt, letztendlich, zugegeben, doch zum Guten. Der Fotograf und Videokünstler Jonas Bang hat für den Titeltrack „Polyester Skin“ auch ein ziemlich schräg-schönes Video erstellt – um das Gesamtkunstwerk noch kompletter zu machen. Und auch der Song folgt diesen Mustern, immer bedenklich nahe am cheesy-sein und dann aber wieder so überhaupt nicht. Was wahrscheinlich richtig guten Pop ausmacht, immer am Limit. „Ace of Spades“ und „Untouchable“ sind dann die Uptempo-Songs mit Triangel und 80er-Flair.
Die Beats, die Synths, die Stimme und die allwährende Melancholie machen „Polyester Skin“ zu einem Album das man wie die namensgebende Haut am liebsten überstreifen möchte. Ich weiß das klingt jetzt creepy aber irgendwie auch doch nicht.
Es hat halt „some kind of Vangelis/Chariots of Fire thing going on, which is more than hard to resist” (Bellens). Der Meinung bin ich auch.
„Polyester Skin“ von Jacob Bellens ist am 5. Februar 2016 bei hfn music erschienen. Bellens ist aktuell in Deutschland auf Tour.
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