Hörenswert: Lady Blackbird „Black Acid Soul“
Reduktion als Stilmittel.
Für alle, die in den Sechzigern nicht dabei sein konnten, wärmt Marley Munroe aka Lady Blackbird einige Songs wieder auf, die damals von Nina Simone, Tim Hardin oder Irma Thomas vertont wurden. „Black Acid Soul“ ist das sensationelle Debüt der Sängerin aus Los Angeles, die mit ihrer Stimmgewalt und einem sehr reduzierten Klanggerüst ganz ausdrucksstarke und eigenwillige Interpretationen der wenig bekannten Originale liefert.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 25.03.22 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 31.03.22 ab 00:00 Uhr.
Ein erster Blick auf das Albumcover ist wohl recht irreführend. ‘Black Acid Soul’? Handelt es sich hierbei um eine soulige Version des ‘Acid Jazz’ aus den Neunzigern? Zudem noch die gesamte Cover-Art, die in ihrer psychedelischen Erscheinung sowieso sehr ‘Retro’ rüberkommt.
Doch weit gefehlt: Zusammen mit ihrem Produzenten Chris Seefried hat Lady Blackbird einige recht unbekannte Songs aus den Sechzigern zusammengetragen. Allein die Auswahl dieser Songs ist genial. Denn jeder davon hat auch das kompositorische Potential um auf „Black Acid Soul“ hoch kunstvoll vertont zu werden. Dabei ist “Blackbird” von Nina Simone wohl der Einzige, der auch der breiten Masse bekannt sein dürfte. In ganz spärlicher Orchestrierung und sehr reduziertem, aber hoch musikalischem Klangfeld wirkt die kraftvolle und ausdrucksstarke Stimme von Munroe wie eine Erscheinung, ein Naturereignis.
Unglaublich ausdrucksstark und subtil verführerisch
Zweifelsohne haben Munroe und Seefried hier alles richtig gemacht: In dem schlüssigen Konzept, einem sehr künstlerischen Ansatz und den schlichten Arrangements ist einfach kein Fehler auszumachen. In der Regel reichen schon Kontrabass, Klavier und Munroes Stimme um in aller Schlichtheit etwas hoch ausdrucksstarkes und spannungsgeladenes herzustellen. Trotz einiger Downtempo Nummern, die auch sehr getragen dargeboten werden, ist es gerade das dynamisch-energetische Wechselspiel zwischen den Musikern, das für ein allgegenwärtiges Knistern sorgt. Mit Deron Johnson sitzt ein Mann am Klavier, der bereits mit Miles Davis tourte und Munroe grandios und mit fantastischer Intuition begleitet, ohne dabei das Solospiel aus den Augen zu verlieren.
Schon ihr Debüt unterstreicht, dass es sich bei Lady Blackbird um eine ganz eigene Liga als bei Diana Krall handelt: Keine seichte Unterhaltung, sondern das Lied als Kunstform ist hier der Anspruch. Da ist diese schon eher näher an Cassandra Wilson dran. Das spiegelt sich natürlich auch in der Cover-Art wieder, die es nicht nötig hat, Munroe halb bekleidet auf dem Sofa darzustellen. Eine Verkaufsstrategie, vor der nicht mal mehr die Deutsche Grammophon zurückschreckt.
Es war wohl Seefrieds Leistung, der Munroes überwältigende Stimme mit den Arrangements und der Songauswahl in dieses so schlüssige musikalische Konzept gebracht hat. Zumal diese vorher in ganz unterschiedlichen Musikrichtungen rumdümpelte. Hier haben sich augenscheinlich zwei gefunden. „Black Acid Soul“ ist in seiner Schlichtheit und Reduktion die Entdeckung des noch jungen Jahres. Die Gefahr ist groß, sich in diesem Album völlig zu verlieren und sich nicht mehr zu fragen, wie es gemacht ist.
„Black Acid Soul“ ist am 28. Januar 2022 auf Bmg Rights Management (Warner) erschienen.
Lady Blackbird: Black Acid Soul
- Blackbird (Nina Simone) 4:00
- It’s Not That Easy (Reuben Bell) 3:00
- Fix It (Bill Evans, Chris Seefried) 4:50
- Ruler of My Heart (Naomi Neville) 3:42
- Nobody’s Sweetheart (Chris Seefried) 3:38
- Collage (Patrick Cullie, Joe Walsh) 3:17
- Five Feet Tall (Marley Munroe, Chris Seefried) 3:20
- Lost and Looking (James W. Alexander, Lowell Jordan) 4:21
- It’ll Never Happen Again (Tim Hardin) 3:38
- Beware the Stranger (Eugene Dixon, James Thompson) 4:13
- Black Acid Soul (Jonathan Flaugher, Deron Johnson, Marley Munroe, Jimmy Paxson, Chris Seefried) 3:54
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