Hörsturz #9: Information und Politik – Mein Thema ist Beteiligung
Wolfgang Hirner ist Gründer der Radiofabrik, war bis 2007 Geschäftsführer und ist heute Vorstandsmitglied. Alf Altendorf hat ihm einige Fragen gestellt.
- War für dich die Gründung der Radiofabrik eine politische Handlung? Wenn ja, was war dein Motiv?
Natürlich. Es begann aber früher mit dem Piratenradio in Wien. Mir ging es weniger darum, Spaß zu haben, sondern Menschen zu einzubeziehen, und die Radiotheorie Bertold Brechts ( „Hörer sollen zu Sender werden“, Anmerkung) zu verwirklichen.
Es ging es auch darum, das Monopol des ORF zu brechen, aber wichtiger war, das „Feld Hörfunk“ nicht nur dem kommerziellen Radio überlassen und als Gegenmodel ein „Beteiligungsradio“ zu entwerfen.
- Gibt es für dich besondere Beispiele, wo das Radio in Vergangenheit politisch agiert hat? Die Demoberichterstattung über das „World Economic Forum“ (2001) als Beispiel?
Das war ein gutes Beispiel, wo politisch im Radio agiert wurde. War auch tolle Berichterstattung, gemeinsam mit anderen wie Indymedia im Internet. Rückblickend darf aber die politische Schlagkraft von Radio nicht überschätzt werden. Man muss sich der relativ geringen Reichweite des Mediums bewusst sein.
Ich finde es gut, politische Sendungen zu machen, nur kann damit nicht wahnsinnig viel bewegt werden.
- Viele sagen: Die Community Medien haben das letzte Mal bei den Protesten gegen die die Schwarz-blaue Koalition ab 2000 eine grössere Rolle gespielt. „Unibrennt“ (2009/10) war dafür die erste Bewegung, die an ihnen nahezu spurlos vorbei ging, weil die AktivistInnen primär auf Social Media setzten. Wie siehst du diese Entwicklung? Welche politische Rolle sollen Community Medien heute spielen?
Die Bedeutung hat durch die neuen Medien sicherlich abgenommen. Das ist eine Tatsache. Dazu hat sich am ehesten Radio Orange in Wien in der Protestbewegung gegen „Schwarz-Blau“ engagiert. Wir haben uns sicherlich nicht so stark exponiert. Es hängt immer an denen, die Programm machen, und die Situation ist in der Großstadt eine andere wie in der konservativen Kleinstadt Salzburg.
Die Rolle von Community Medien ist Medienkompetenzvermittlung. Und das gemeinsame Produzieren: man sitzt nicht alleine vor dem Computer und schreibt an einem Blog. Die Radiofabrik hingegen ist ein realer Ort des Treffens und des Austauschs.
- Eine persönliche Frage: Du warst nach der Radiofabrik Geschäftsführer der Salzburger Landesgrünen. Glaubst du, dass dieser Wechsel zu einer Partei dem Image des Radios als unabhängiges Projekt geschadet hat?
Ich habe das damals als unproblematisch gesehen. Jeder Mensch hat ein Weltbild, und jeder sollte seine berufliche Laufbahn frei wählen und sich weiter entwickeln können.
Ich war erst bei der Radiofabrik, dann bei den Grünen, und beschäftige mich jetzt mit erneuerbaren Energien. Mein roter – oder besser „grüner“ – Faden ist das Thema „Beteiligung“.
Ging es beim Radio um den Wandel „vom Konsumieren zum Produzieren“, in der Politik um „Menschen für Engagement zu begeistern“, so verwandelt auch die erneuerbare Energie die „VerbraucherInnen zu EnergieproduzentInnen“.
- Abschlussfrage: Wie – mit welchen Medien, Informationsquellen und ähnliches – informierst du dich?
Ich habe keinen Fernseher.
Zeitungen: Ich bin Abonnent der Salzburger Nachrichten. Aber nur wegen des Lokalteils: Was passiert in meinem Umfeld. Dafür lese ich auch – weil ich in Deutschland wohne – das „Reichenhaller Tagblatt“.
Alles andere ist Online: Süddeutsche Zeitung, TAZ, orf.at und „Der Standard“ in ihren Internet-Ausgaben. Die Radiofabrik höre ich nur im Auto, weil ich daheim nicht Radio höre, dazu Ö1, Bayern 5 und den Deutschlandfunk.
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