Radio Bob: Warum vermessen wir uns selbst?
Mittwoch, 10. April 2019 ab 17 Uhr (WH am Samstag, 13. April ab 9 Uhr):
Wenn wir unsere Fitness tracken und auch sonst mittels Smartphone und PC (meist ohne Absicht) 24 Stunden am Tag jede Menge Daten über uns generieren – wer hat dabei die Kontrolle über wen? Welchen Nutzen ziehen wir selbst daraus? Und was haben Krankenversicherungen, große Unternehmen oder die Politik davon?
Die Soziologin Dhenya Schwarz von der RWTH Aachen hat sich wissenschaftlich mit diesen Fragen beschäftigt. Mit ihrer spannenden Arbeit zum Thema „Digitale Selbstvermessung“ gewann sie den Nachwuchspreis des Netzwerks Zukunftsforschung. Ende März sprach sie darüber in einer JBZ-Montagsrunde vor vollem Haus, Radio Bob bringt die Zusammenfassung.
Nicht alles, was technisch möglich ist, muss umgesetzt werden. Aber die Verführung, dass dies geschieht, ist groß. Bei der Vermessung des Selbst geht es um Fitness, Gesundheit, Wissen, Sicherheit, Produktivität und (Selbst)-Optimierung.
Die Palette reicht von der bekannten Smartwatch, die Schritte zählt und den Puls misst, bis hin zur High-Tech-Kloschüssel. Die könnte permanent den Urin der Benutzer und Benutzerinnen analysieren. Und so ganz leicht den Arbeitgeber über eine Schwangerschaft oder eine beginnende Zuckerkrankheit informieren. Damit aber auch über den rechtzeitigen Kündigungszeitpunkt — noch bevor die Angestellte davon erfährt.
Mehr und bessere Daten können Politik und Wissenschaft dienen, zum Beispiel auch der Gesundheitsvorsorge oder der Verkehrsplanung. Doch der Grat zum Missbrauch ist schmal, weiß die junge Soziologin: Es wird immer leichter präzise festzulegen, was als gesund oder krank, schön oder hässlich gilt; wer sich wann wo wie bewegt und aufgehalten hat, dabei wen getroffen hat und was dabei gesprochen oder konsumiert wurde – an Nahrung, Wasser, Energie, ebenso wie an TV-Sendungen.
Die Einführung von Smart Metern und die Umrüstung des eigenen Hauses in ein Smart Home könnten Kosten sparen (dem Versorger meist mehr als dem Verbraucher) und der eigenen Bequemlichkeit dienen, aber auch zur Einschränkung unserer Freiheit führen. Spätestens dann, wenn wir damit rechnen müssen, dass diese Daten über kurz oder lang in falsche Hände geraten – in der Wirtschaft oder in der Politik.
Eine fortschreitende Ausweitung der Selbstvermessung macht es zudem immer schwerer, zwischen Freiwilligkeit und subtilem Zwang zu unterscheiden. Orwells Großer Bruder und die von Huxley beschriebene Schöne neue Welt lassen grüßen! Von Juli Zehs Corpus Delicti ganz zu schweigen.
Sendungen zum Nachhören
Radio Bob (S02E14) 26.06.19 – Mit dem E-Auto in die Sackgasse
In der allerletzten Sendung von Radio Bob geht’s ums Elektro-Auto und seine trügerischen Verheißungen. Winfried Wolf, Politikwissenschaftler, Verkehrsexperte und Chefredakteur politischen Vierteljahreschrift Lunapark21, geht Kontroversen nicht aus dem Weg. Sein aktuelles Buch „Mit dem Elektroauto in die Sackgasse“ legt sich mit der großen Mehrheit aller an,…
Radio Bob (S02E13) 12.06.19 – Wie die nukleare Abschreckung uns blendet
Mitte Mai war Xanthe Hall, Leiterin der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW), in der Robert-Jungk-Bibliothek zu Besuch. Im Rahmen einer Reihe zum 25. Todestag von Robert Jungk referierte sie unter dem Titel Heller als tausend Sonnen. Wie die nukleare Abschreckung uns blendet…
Radio Bob (S02E12) 29.05.19 Vernünftig über Außerirdische reden
Ist die Menschheit allein im Universum? Wird man jenseits der Erde auf intelligente Lebensformen stoßen [einige werden vielleicht sagen: wenigstens dort] ?
Entdeckungen der Astrophysik, Astronomie und Astrobiologie in den vorigen zwei Jahrzehnten belegen, dass es in unserer Galaxis unzählige potenziell lebensfreundliche Planeten gibt, von…
Radio Bob (S02E11) 22.05.19 Doron Rabinovici und Peter Stephan Jungk in der JBZ
Zwei Schriftsteller haben Anfang Mai in einer Montagsrunde der Robert Jungk Bibliothek aus teils noch nicht publizierten Werken gelesen und danach mit dem Publikum diskutiert. Dabei ging es um Themen wie Identität, Orte der Geborgenheit, Umgang mit Fremde, Multikulturalität und Ausgrenzung.
Doron Rabinovici (li) und…
Radio Bob (S02E10) 08.05.19 Zukunft Gesund Altern
Der Anteil von Menschen in der Altersgruppe über 65 an der österreichischen Bevölkerung wird sich bis 2050 fast verdoppeln, so die Prognosen. Mit zunehmender Lebenserwartung steigt auch das Interesse von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft am Thema „Altern“.
An der Universität Salzburg hat sich dazu ein…
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