Artarium: Passagen. Werk für Walter Benjamin (zum 80. Todestag)
Sonntag, 20. September 2020 ab 17:00 Uhr (WH am 21.9. ab 14:00 Uhr):
“Schwerer ist es, das Gedächtnis der Namenlosen zu ehren als das der Berühmten. Dem Gedächtnis der Namenlosen ist die historische Konstruktion geweiht.” Am 26. September 1940 starb Walter Benjamin auf der Flucht vor den Nazis im spanischen Grenzort Portbou. Wir gestalten aus diesem Anlass einen akustischen Gedenkort für diesen Philosophen, Kulturkritiker und (unter anderem auch) Baudelaire-Übersetzer, dessen komplexe Denkwelten sich der Einsortierung im akademischen Schachterltum nach wie vor naturgemäß widersetzen. Was ist “Geschichte” jenseits ihrer Schreibung? Walter Benjamin wollte nicht weniger, als die kapitalistische Weltherrschaft gründlich zum Einsturz zu bringen. Im Eingedenken mit ihm betreten wir eine andere Wirklichkeit.
“Es handelt sich bei Benjamin um eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten, denen ich je in der Literatur begegnen durfte. Er verkörpert für mich jenseits seiner traurigen Geschichte, aber um sie wissend, die gelungenste Zusammenführung von Poesie und Wissenschaft. Niemand konnte diese zwei Disziplinen so zusammendenken wie Benjamin. Er hat sich nie aus der Wissenschaft herausgedacht. Er hat keinen Unterschied zwischen Form und Inhalt gemacht. Bei jedem wissenschaftlichen Text aus seiner Feder hat man stets das Gefühl, einen Lyriker zu lesen. Ich kenne niemanden, der zärtlicher zur Sprache gewesen ist als Walter Benjamin. Und das, obwohl er gar keine Gedichte geschrieben hat.” Andreas Spechtl
“Wenn ich über die Vergangenheit schreibe, während ich in der Gegenwart verweile, bin ich dann noch in der Echtzeit? Vielleicht gibt es keine Vergangenheit oder Zukunft, nur die immerwährende Gegenwart, die diese Dreieinheit von Gedächtnis enthält. Ich blickte hinaus auf die Straße und sah, wie sich das Licht veränderte.” Patti Smith
“In dem historischen Augenblick, da der Kapitalismus – in Form des von ihm hervorgebrachten Faschismus – eine Gefahr apokalyptischen Ausmaßes in die Welt befördert hat, nimmt er nochmals den Beginn der kapitalistischen Epoche ganz genau in den Blick, und zwar in atmosphärischen Details, die dem Marxismus (zu dem sich Benjamin in dieser Phase seines Lebens ausdrücklich bekennt) in seinen orthodoxeren Ausprägungen völlig nebensächlich erschienen wären. Als könnte sich durch das Herausgreifen dieser Details, wenn man sie nur genau genug anschaut, der versteckte Schlüssel zum Verständnis des Kapitalismus finden, die Sollbruchstelle, von der her man ihn im letzten Augenblick – bevor der Faschismus auf ganzer Linie siegt – zum Explodieren bringen kann.” Gerald Fiebig über Walter Benjamins “Passagen-Werk” (Fragment), das auch dem hier titelgebend zu spielenden Hörstück zugrunde liegt.
Es erscheint uns ohnehin der geeignetere Zugang zum übervollen Universum des rastlosen Bilddenkmenschen zu sein, in Gestalt einer inneren Erlebnisreise etwas davon zu erspüren. Wie wenn man den etwas sehr anderen Dokumentarfilm “Who killed Walter Benjamin?” eben nicht verschwörungsesoterisch, sondern ganz und gar “benjaminisch” auffasst: Die Geschichte erzählt sich ihren Anwendern von selbst.
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Sendungen zum Nachhören
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Immer wieder anders … Sonst würd es uns auch langweilig werden. Also spielen wir das Album “Strange Pleasures” aus dem etwas anderen Musikbiotop “Still Corners”. Ich übersetz mir das in etwa so: Setzen wir uns in den einen oder anderen “ruhigen Winkel” des Weltgetriebes –…
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Mitschnitt der Lesung von Paul Celans Todesfuge aus dem Jahr 1990 im Rahmen einer Gedenkveranstaltung auf dem Salzburger Mönchsberg.
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Als der Schriftsteller Michael Köhlmeier vor vielen Jahren die Eröffnungsrede zu den Salzburger Festspielen hielt, “outete” er sich dabei auch als Legastheniker. Seine Bücher habe er überhaupt nur auf dem Umweg über das gesprochene Wort zustande gebracht, nämlich indem er den jeweiligen Text in ein…
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Diesmal begegnen sich zwei starke Frauen in unserer Sendung: Die genresprengende Avantgarde-Klangwelten-Geschichtenerzählerin Laurie Anderson und die frühfeministische Weltumfliegerin Amelia Earhart. Anlass ist das soeben erschienene Album “Amelia”, mit dem Laurie Anderson der Vorreiterin einer umfassenden Emanzipation ihr Denkmal setzt. Und das in Form einer beeindruckend…
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