Hörenswert: Blue Lab Beats – “Motherland Journey”
Hochgelobt und viel gefragt. Das Produzenten-Duo NK-OK und Mr. DM haben derzeit fast überall ihre Finger im Spiel. Ihr Debüt auf Blue Note mischt allerlei Afroamerikanische Musik zu einer stromlinienförmigen Gestalt in perfektem Sounddesign. Mit leichtem Hang zum Kitsch und einer guten Portion 90er Jahre entpuppt sich “Motherland Journey” vielschichtiger als vorerst vermutet.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 04.03.22 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 10.03.22 ab 00:00 Uhr.
In aller Präzision und punktgenau gespielt ertönt das Intro “Sky Reflections” und eines ist schon mal klar: aus der Reihe getanzt wird hier nicht. Die beiden Produzenten kreieren hier vielmehr den ‘Big Sound’, der sich pompös und manchmal leicht kitschig dem perfekten Song annähern möchte. Mit aller Liebe zum Detail und perfektionistischen Ansatz ist auf “Motherland Journey” jeder Ton erklärbar. Zumal Produzenten, die sich an eigene Alben wagen, nachgesagt wird sie neigen zur Überladung, was dann oft recht verschwurbelt wirkt. Das trifft teilweise auch auf “Motherland Journey” zu.
So geht es ins Album rein und mit der Hip-Hop Nummer “Labels (feat. Tiana Major9 & Kofi Stone)” verfestigt sich der erste Eindruck, es hier mit einem aalglatten und voll durchproduzierten Album zu tun zu haben. Doch mit fortschreitender Spielzeit sind hinter der vielleicht etwas aufdringlichen Perfektion sehr viele gute Ideen, Grooves und selbst ein paar kleine Eskapaden zu entdecken. Nach ganzen zehn Nummern läutet das Interlude “Ultramarine”, ein freies Rhodes-Schlagzeug-Duett, das Album fast neu ein. Coole Break-Beats, ungeheuer lässige Downbeats, geile Sounds und Akademiker-Soli prägen den Charakter der letzten sieben Nummern. Letztlich erscheint “Motherland Journey” dadurch in einem ganz anderen Licht als vorerst geglaubt. Mit cleverem 90er Recycling erzeugen Blue Lab Beats sogar etwas Tiefe.
Blue Lab Beats haben für ihre Musik den Begriff „Jazztronica“ erschaffen, der Jazz, Hip-Hop, Soul, Funk, R&B, Boom-Bap und afrikanische Sounds zu einem eingängigen Ganzen mischt. Neu scheint das aber nicht zu sein, verfolgen doch eine Menge von Musikern wie Yussef Kamaal, oder das !K7-Kollektiv einen ähnlichen Ansatz.
Blue Lab Beats erinnern somit an vieles. Manchmal an Daft Punk unter den falschen Drogen, an Parliament oder an Brandford Marsalis. Das Cover des Albums könnte auch von Kid’n Play sein. Doch in aller Perfektion und musikalischem Know How stellt “Motherland Journey” nichts weniger dar, als ein ernst zu nehmendes Lebenszeichen vom längst totgesagten Electro-Jazz / Nu-Jazz. Es ist der grandiosen Arbeit der Produzenten, wohl vor allem des Multiinstrumentalisten Mr. DM zu verdanken, der hier eine schlüssige Balance zwischen Elektronik und Akustischem geschaffen hat.
“Motherland Journey” ist am 25. Februar 2022 auf Blue Note erschienen.
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