Hörenswert: Moriarty – „Epitaph“
14 hoch kunstvolle und sehr fein gesponnene Folk-Pop-Songs präsentiert diese franko-amerikanische Gruppe auf ihrem bereits siebten Album der Öffentlichkeit. Die sechs Musiker bewegen sich dabei völlig frei durch die Genres, geleitet von Rosemary Standleys markanter Stimme, die stets eine unterschwellige Melancholie verbreitet, immer authentisch wirkt und dabei ohne jegliches übertriebenes Pathos auskommt. Somit unterstreicht auch „Epitaph“ die Qualität dieses Sextetts als galante Verführer im Pianissimo-Bereich.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 24.04.15 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 30.04.15 ab 00:00 Uhr.
Inzwischen ist die Stimme von Rosemary Standley, die 1999 in die Gruppe kam, zu ihrem Erkennungsmerkmal geworden. Sofort stellt sich bei Standleys Belcanto ein Gefühl der Geborgenheit und der Vertrautheit ein; auch wenn es die erste Hörerfahrung sein sollte. Obwohl Standley zeitweise unter Beweis stellt, dass sie auch kraftvoll und mit Volumen singen kann, sind es doch die leiseren Töne, die einen sofort in ihren Bann ziehen.
Die Instrumentierung scheint dabei geradewegs auf die Stimme zugeschnitten zu sein: Hier wird meist ebenso mit Reduktion Spannung erzeugt, als mit expressiven Ausbrüchen. Mit Gitarre, Kontrabass, Mundharmonika und Xylophon besetzt, besitzt dieses Album – wie schon die sechs Vorgängeralben- ohnehin einen sehr akustischen Impetus. Ohne Überraschungen oder stilistische Kehrtwendungen wird der Kenner dieser Musik genau dort abgeholt wo die Gruppe ihn auf dem 2013 erschienenen Album Fugitives stehen gelassen hat. Schön ist, dass man dabei trotz aller Zartheit musikalisch nie unterfordert wird. Dafür sind die Kompositionen zu gefinkelt und feingliedrig aufgebaut.
Obwohl die Musik von Moriarty (der Name geht auf eine Romanfigur des Autors Jack Kerouac zurück) zuerst recht eigenartig wirkt und somit nicht unbedingt massentauglichen Charakter besitzt, schafften es die in Frankreich beheimatete Gruppe nach ihrer Gründung 1995 recht schnell mit ihrem ersten regulär veröffentlichten Album „Gee Whiz But This Is a Lonesome Town“ (Naïve) ein breiteres Publikum zu erreichen: Die Single-Auskopplung „Jimmy“ unter die Top-30 der französischen Charts. Sicher ist der originäre Stil von Moriarty auch der Grund für die Dispersität ihrer Fans, in der jede Altersgruppe, soziale Schicht und unterschiedlichste Nationalitäten vertreten sind, was besonders auf Live-Konzerten deutlich wird. Dieser stilistische Mix ergibt sich laut Multiinstrumentalist Arthur B. Gillette aufgrund des Umstands, dass bei Moriarty kein einzelner Songwriter aktiv ist. Vielmehr entstehen die Songs in einer langen Werkgenese, die von etlichen Jams und vielen unterschiedlichen Ansätzen geprägt ist:
„Really it’s another ten year writing process. The way we work is really incremental, we do a lot of improvisation and jams and we record, with modern technology like iphone’s, we record everything really and then we always have maybe 150 or 200 tunes that are just there lingering between paradise and hell and thay are all just waiting to be taken and become songs.”
Schön, dass diese Art von ‘Working Bands’ noch existieren. Noch schöner, wenn solch ein schönes Album dabei herauskommt.
„Epitaph“ ist am 13. April 2015 auf Air Rytmo erschienen.
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