Sonntag, 19. März 2023 um 17:06 Uhr
WH Montag, 20. März 2023 14:06 Uhr
Schön schiach
Jenseits geprägter Gewohnheiten und hergebrachter Haltungen entdecken wir jene Übergänge und Zwischentöne, die wieder Bewegung in unsere oft allzu gewohnte Weltsicht bringen. Ist das, was wir als schön oder schiach zu empfinden gelernt haben, wirklich unser ureigenstes Gefühl? Gefickt eingeschädelt. Wo Himmelhoch und Abgrundwärts zusammen wirken und das Entwederoder in Sowohlalsauch verwandeln, wird das Paradoxon des Lebens in seiner Vielgestalt erkennbar – und wirkt sich wie ein dreidimensionaler Spiegel auf unsere Selbstwahrnehmung aus. Wir spielen mit Seh- und Hörgewohnheiten, damit Veränderung geschieht, so wie schon Slavoj Žižek derlei bei Laibach zeigt… Und wir entdecken Coverversionen, die brachliegende Bedeutungen hervorholen.
Unlängst machte mich ein Freund darauf aufmerksam, dass ihm erst beim Hören von S.O.S. von Portishead deutlich wurde, wie zutiefst traurig der Text des ABBA-Welthits eigentlich ist. Wenn man bedenkt, dass die Portishead-Version unter dem Eindruck der Ermordung der britischen Politikerin Jo Cox entstanden ist, kann man diese zitierende Verbearbeitung nur als überaus gelungen betrachten:
“We have far more in common than which divides us.”
Ich kann mir ja auch nicht sicher sein, ob man rinks und lechts wirklich so schwel velwechsern kann – und ob das da auf dem Bild noch ein Baum ist oder schon ein Witz, den diese Stadt über sich selbst erzählt.
Ein spannendes Musiklabel (spannend, weil sich hier vermeintlich gegensätzliche Strebungen verbinden) hat sich unter dem Namen Misericordia Records in Vienna etabliert. Dem entnehmen wir sowohl Hörgewohntes als auch Unerhörtes, wie etwa den Track “I saw you dance and we rose to the skies.”, der auf eigenwillige Weise an das Finale von “Der Schwarm” (Kontakt mit dem Yrr-Kollektiv) gemahnt. Das ist ebenso schön wie vieles drumherum schiach erscheint. Abwärts in den Abgrund – eine psychische Herausforderung von nahezu Reinhold-Messner’scher Qualität.
Zu guter Letzt besuchen wir den Halleiner Medien-, Installations- und Klangkünstler Fabian Schober, der uns zur rituellen Schlachtung eines penetranten “Sommerhits” einlädt, seiner Verbearbeitung und enthüllenden Verfremdung mit dem vielsagenden Titel “The Craving for Eviscerating God Shimmering in the Eyes of the Guys from Despacito”. Haben wir es nicht schon immer gewusst, dass hinter den glattgeklonten Filtervisagen der Hochglanzkörper die extreme Schiachheit schlecht verdrängter Begehrwürdens auf ihre Beute lauert, die sie *zerquatsch* zum Fressen gern hat?
Sendungen zum Nachhören
Jenseits von Ostern
“Das Persönliche ist politisch – und das Politische ist persönlich.” Mit diesem Wort zum Ostersonntag, welches 1970 erstmals öffentlich aufkam, begeben wir uns mitten hinein in eine Jahreszeit, die wie keine andere vom Verkörpern des Überlebens geprägt ist. Jenseits der Religion zum Zweck der Machtausübung…
Jenseits von Jedem
Wie es inzwischen zur guten Gewohnheit geworden ist (“Es muss feste Bräuche geben, sagte der Fuchs”), spielen wir auch am heutigen Sonntag nach der Perlentaucher-Nachtfahrt wieder ein ganzes Album. Die bis zum Prädikat epochemachend stilprägende Band Blumfeld rund um den Autor und feinwahrnehmenden Musikpoeten Jochen…
Irgendwas mit Poesie
Da war doch was … in unserer letzten Sendung (mit Rupert Madreiter) reisten wir zurück in eine gemeinsam erlebte (und sehr spezielle) “Nacht der Poesie”. Und diesmal wollen wir etwas von dem, was in jener Nacht so eine erstaunliche Macht entfaltete, im Hier und Heute…
Living in The Past
Überraschendes von und mit einem Überraschungsgast. Soviel sei vorab verraten: Unlängst manifestierte sich ein jahrzehntelang aus meinem Blickfeld geratener Jugendfreund als wieder öfterer Gesprächspartner und es stellte sich heraus, dass uns viel mehr verbindet als lange Zeit angenommen. Dass wir, jeder für sich, über einzelne…
Scheiterhaufen – O.K.! (Album)
Wir sind Perlentaucher. Und manchmal stellt sich die Frage, wo so ein im Strom der Gezeiten angefundenes Kleinod (die wir in unseren Radiobiotopen gern vorstellen) ursprünglich herkommt. Höchste Zeit für eine Berichtigung. Die Rede ist von dem sehr besonderen Album “O. K.!” von Scheiterhaufen, das…
Lass' uns einen Kommentar da