Geschichte der Radiofabrik
Ein gewichtiges Stück Salzburger Mediengeschichte.
Die Radiofabrik, wie wir sie heute kennen, entwickelte sich im Laufe ihrer Existenz stetig weiter.
Aufgabe des Senders ist es, Homebase und Sprachrohr für die Salzburger Zivilgesellschaft – das Andere Salzburg – zu sein, dafür moderne Infrastruktur und Know-How anzubieten, dabei auf Medienfreiheit und Freie Meinungsäußerung zu achten und diese Prinzipien multimedial auszubauen.
Inhaltsverzeichnis
1992
Alles begann 1992.
(Erste Sendung Radio Bongo, 23.11.1992)
Seine Wurzeln hat das Freie Radio Salzburg im Piratenradio Bongo 500, das ab 23. November 1992 einmal wöchentlich von einem der umliegenden Stadtberge gesendet wurde. Die Piratentätigkeit war, wie auch in den anderen Bundesländern, von Anfang an mit dem politischen Konzept der Durchsetzung von legalem Freien Radio verbunden.
Die Justiz ging teils mit drastischen Mitteln – wie Hubschraubereinsätzen – gegen die Radiopiraten vor, im Sommer 1993 kam es zur endgültigen Beschlagnahmung des Senders.
Um eine Lizenz zu beantragen wurde im Frühjahr 1993 der Verein Freies Radio Salzburg gegründet. An die Öffentlichkeit trat der Verein zu dieser Zeit mit medienpolitischen Aktionen, zum Beispiel mit kritischen Stellungnahmen zum damaligen Regionalradiogesetzesentwurf.
1994 bewarb sich der Verein Freies Radio Salzburg um die Regionalradiofrequenz für Salzburg, blieb aber erfolglos.
(Mehr zu „Radio Bongo 500“ findet sich -> hier)
Die Geschichte der Genese des Freien Rundfunks Salzburg erzählt im Video „Mission: Zwerg“ (von Jess Türk, 2013)
1998
Sendestart 1998.
Nach dem endgültigem Fall des österreichischen Rundfunkmonopols 1996 wurde der Verein Freier Rundfunk Salzburg gegründet. Man bewarb sich um die Frequenz 107,5 MHz, bekam aber nur ein 5-stündiges Sendefenster beim kommerziellen „Radio Arabella“ jeden Mittwoch ab 20.00 Uhr. Nach zwei Monaten Probebetrieb konnte der Sendestart am 7. Oktober 1998 offiziell begangen werden.
Dem Verband Freier Radios Österreich (heute: Verband Freier Rundfunk Österreich) als Lobbying-Organisation trat der Sender im selben Jahr bei.
Von den Büroräumlichkeiten in der Kaigasse übersiedelte die Radiofabrik im Frühjahr 1999 in einen Container vor der ARGEkultur (damals noch „Kulturgelände Nonntal“), von dem aus ab September 1999 auch gesendet wurde.
Zum Jahreswechsel 1999/2000 wurde mit dem „MillenniumRadio Y2K“ Eventfunk auf der damals noch ungenutzten Stadt-Frequenz 107,4 MHz betrieben, um den Anspruch auf eine eigene Frequenz zu unterstreichen.
Mit März 2001 wurde der Radiofabrik die Frequenz 107,5 MHz zugesprochen, zumindest die Hälfte davon. Frequenzpartner war die Objekt Werbung GmbH. Nach etlichen Verzögerungen war es am 6. Jänner 2002 so weit: die Frequenz 107,5 MHz ging vom Plainberg in Betrieb. Der Kern des Sendebereichs der 107,5 MHz umfasst die Stadt Salzburg und unmittelbare Umgebung in süd und südöstlicher Richtung.
Seit 2002 beteiligt sich der Sender an der Online-Mediathek CBA.
An Europäischen Freiwilligen-Programmen beteiligt sich die Radiofabrik seit 2003, und beschäftigt seither jährlich eine/n internationalen Volunteer als Beitrag zur europäischen Zusammenarbeit.
Mit 23. Jänner 2004 und nachdem der kommerzielle Frequenzpartner Objekt Werbung den Konkurs anmelden musste, wurde der Radiofabrik die Vollfrequenz zugesprochen.
Mit dem Album der Woche etabliert sich die Radiofabrik ab April 2004 als eine Plattform für Musikjournalismus, Thema ungewöhnliche weltweite Musik unter besonderer Beachtung regionaler Sounds. Als Musikredakteur arbeitet unter anderen der heutige ORF-Moderator Tobias Pötzelsberger.
2005
Einzug in neue ARGEkultur.
Ab 5. September 2005 übersiedelte die Radiofabrik in das neue Studio im neuen ARGEkultur-Gebäude.
Seit 2006 führt die Radiofabrik die Medienkonferenz Civilmedia durch.
Geleitet wurde die Radiofabrik bis Anfang 2007 vom Gründer Wolfgang Hirner. Der Erwachsenenbildner Andreas Wagner wurde 2007 als kaufmännischer Leiter bestellt. Seit März 2008 ist der Medienmanager und -künstler Alf Altendorf – früher tätig für TIV, an der Etablierung von Okto beteiligt – Geschäftsführer.
Seit Anfang des Jahres 2008 sendet das Radio auf der zusätzlichen Frequenz 97,3 MHz, um auch den Süden der Stadt gut abzudecken.
2008 begann die Radiofabrik als erstes Freies Radio mit Social-Media-Services unter anderem auf Facebook, Twitter & Flickr.
Seit Mitte 2008 ist der Sender Mitglied im Dachverband Salzburger Kulturstätten und dadurch gleichzeitig Mitglied der IG Kultur Österreich.
Ab Sommer 2008 ist die Radiofabrik auch über das Kabel der Salzburg AG auf 98,6 MHz analog zu empfangen. Dabei erfolgte auch ein Umstieg der Internet-Anbindungen auf Salzburgs Energie- & Telekommunikationsunternehmen.
Die Radiofabrik hat seit Sommer 2008 ein CD (Corporate Design). Dabei wurde auch die Website erstmals relauncht.
Mit dem Radioschorsch zeichnet die Radiofabrik seit Herbst 2008 Produktionen & Personen mit einem hauseigenen Preis aus.
Im Februar 2009 startete die Radiofabrik eine Kampagne zur Einführung von Gebührensplitting im Bundesland Salzburg, das heißt die umfangreichen Einnahmen aus der Landesmedienabgabe auch für Medienförderung einzusetzen. Mehr als 3.000 Unterschriften werden der Landesregierung übergeben. Konsequenzen bleiben aus.
Seit Mitte 2009 nimmt die Radiofabrik – als erstes Freies Radio Österreichs – die gesellschaftliche Verantwortung für Qualifizierung von jungen Menschen mit der Lehrlingsausbildung wahr.
Im Juni 2009 errichtete der Sender im Rahmen eines E.U.-Projekts das Hörmahnmal „Niemals Vergessen“, das an die Sinti und Roma – die in der NS-Zeit in Salzburg zwangsinterniert waren – erinnert.
2010
Gebührenfinanzierung, Bundesland-Ausbau & TV.
Seit 2010 erhält die Radiofabrik Finanzierungen aus dem – aus den Rundfunkgebühren gespeisten – „Nichtkommerziellen Rundfunkfond“ (NKRF).
2010 gründet der Sender den Ausbildungsverein ACoRT zur Durchführung des Workshop-Programms.
Seit Juni 2010 gibt es mit dem Salzburger Stadtteilradio Berichte aus den Salzburger Stadtteilen zu hören. Die Redakteur*innen kommen selbst aus dem Stadtteil, über den sie berichten und bringen ins Radio, was die Leute in ihrem “Grätzl” bewegt.
Im April 2011 verlängerte die KommAustria die Lizenz des Senders um weitere zehn Jahre bis 2021.
Seit 2011 veröffentlicht der Sender die Hörer*innen-Zeitung „Hörsturz“.
2012 gründete die Radiofabrik den Fernsehsender FS1, der nach einem ähnlichen Konzept wie das Radio Community-TV für Salzburg betreibt, und hält 24% der BetriebsgesmbH als Gesellschafter.
(Radiofabrik – Alf Altendorf über FS1 (2012, Turboradio – mit Mike Nürnberger)
Chefredakteur war bis September 2012 der mehrfach ausgezeichnete Journalist Georg Wimmer, programmlich wird der Sender seither durch die Projektmanagerin Eva Schmidhuber koordiniert.
Im März 2013 zog der Sender auf einen neuen Standort „Ada“ für die Frequenz 107,5. Unterstützt wurde dies durch eine Crowdfunding-Kampagne (seit 2011).
Seit Oktober 2013 ist die Radiofabrik digital im gesamten Bundesland und in angrenzenden Regionen Oberösterreichs und der Steiermark zu empfangen.
Im März 2015 wurde das erste deutsche Außenstudio der Radiofabrik eröffnet.
Mitte 2015 veröffentlicht die Radiofabrik eine Video-Produktion unserer Lehrlingsausbildung, die amüsant Freies Radio erklärt. Und den Rap von H.C. Strache der FPÖ auf die Schaufel nimmt.
Seit Herbst 2016 steht die Radio-App FRApp zur Verfügung. (Die Entwicklung wurde 2021 eingestellt)
2018
20 Jahre & Beyond
Ab Jänner 2018 hat die Radiofabrik eine neue Leitung mit zwei GeschäftsführerInnen: Alf Altendorf – bisher allgemeiner GF – leitet den Sender als „Geschäftsführer Kaufmännisch“, Eva Schmidhuber – bisher Programmkoordination – übernimmt die Funktion als „Geschäftsführerin Programm“. Vorbild sind unsere KollegInnen von der ARGEkultur, FS1, dorf.tv und Radio Freistadt.
Ein erneuter Relaunch der Website – mit Fokus auf mobile Nutzer*innen – erfolgte im Februar 2018.
Mit einer eigenproduzierten, zweistufigen Marketing-Kampagne bereitete die Radiofabrik ab Juni 2018 ihr 20-Jahre-Jubiläum vor. Das Sendestudio A wurde modernisiert und volldigitalisiert, Studio und Büro klimatisiert, die Räumlichkeiten des Senders um eine Dachterrasse erweitert. Das Radiostars-Stickeralbum stellt zum Jubiläum die Radiomachenden in den Mittelpunkt und textlich die Highlights der Radiofabrik-Geschichte.
Im Herbst 2018 startet die erste Lehrredaktion der Radiofabrik, unerhört! Der Infonahversorger folgt dem langjährigen Magazin um 5 – eingestellt aus finanziellen Gründen 2014 – nach.
Das zweite Außenstudio in Zell am See öffnete im September 2019.
Im Jänner 2020 feierte der Sender die 600. Ausgabe von „Hörenswert – Das Album der Woche„.
Ab März 2020 wird die Radiofabrik ebenfalls von der Corona-Krise getroffen, und schließt erstmals seit Bestehen des Senders den Live-Studiobetrieb für seine Mitglieder und die Ausbildung. Die Redaktion, das Team und eine Mehrheit der SendungsmacherInnen produzieren von daheim aus. Ab Mai 2020 startet – unter Sicherheitsbedingungen – das Live-Studio wieder.
Seit April 2020 wird die Software COMOT – eine Entwicklung gemeinsam mit FS1 – angeboten.
Ab Juli 2020 bezahlt die Radiofabrik für ein halbes Jahr faire Löhne für Angestellte und Honorarkräfte.
Im August 2020 wird das Organisationsbüro modernisiert und für Pandemiebedingungen angepasst.
Die Neulizenzierung bis 2031 der Radiofabrik für die Stammfrequenzen 107,5 & 97,3 MHz im Versorgungsgebiet „Stadt Salzburg 107,5 MHz“ erfolgte im Jänner 2021.
Am 13, August 2021 erlitt der Sender einen der schwersten technischen Ausfälle seiner Geschichte. Ein Ausfall des Sendeservers beschädigte in der Folge auch die Hardware eines überalteten Datenservers. Die gesamten zentralen Maschinen mussten ausgetauscht und neu aufgebaut werden. Wochenlang erfolgte der Sendebetrieb manuell – ohne Steuerung – „wie vor 80 Jahren.
Im Oktober 2021 wird das „Roma-Sinti“-Mahnmal Maxglan als Schenkung an die Stadt Salzburg übergeben, die damit die weitere Erhaltung und Betreuung übernimmt.
Die Radiofabrik hat als erstes österreichisches Rundfunkunternehmen am 24. November 2021 den “Antrag auf Übernahme der medienethischen Kontrolle” an den Österreichischen Presserat gestellt.
Im März 2022 rüstete der Sender – gemeinsam mit der ARGEkultur – die Internetanbindung des Hauses auf Hochbandbreite (300 MBit synchron) auf. Ziel sind verbesserte Streaming-Möglichkeiten, gesteigerte Anbindung von den ca. 30 Arbeitsplätzen und bessere Bandbreite für Serverdienste.
Seit Juni 2022 hat die Radiofabrik ein eigenes Symboltier, das nach interner Umfrage bei der Mitgliederversammlung 2022 gekürt wurde: der Waldrapp.
Ab Juli 2022 wechselt die Radiofabrik in der Bezahlung der Angestellten auf das „Fairpay Schema“ der IG Kultur. Möglich wurde dies durch die Aufstockung des nicht-kommerziellen Rundfunkfonds“ des Bundes mit Juli 2022, die hiermit besonders in betriebliche Fairness und soziale Absicherung investiert wird. Partner für diese Initiative ist das Land Salzburg.
Ab Juli 2022 wird das Außenstudio Zell am See im Rahmen eines LEADER-Projekts zum Freien Radio Pinzgau ausgebaut.
2023, 25 Jahre Radiofabrik. Was heißt das? Wohin wollen wir? Zum Jubiläum ist Vieles im Umbruch, viele Ideen, viel wird zu Hören und zu Sehen sein, seid gespannt…
Die Radiofabrik startet ab 12. Juli 2023 ein neues digitales Format: Die Werkspost. Der politische Salzburg-Kommentar für unbequeme Themen aus Stadt und Land.
Nach 24 Jahren Tätigkeit in verschiedenen Funktionen verlässt Eva Schmidhuber das Radio in eine Bildungskarenz ab Oktober 2023. Danke Eva für Dein unglaubliches Engagement für Salzburgs Community Radio.
Im April 2024 geht unser neues Sendegebiet “Pinzgau” mit drei Sendestandorten (Vollausbau 2025) in Betrieb.
Auch im April 2024 eröffnet die Radiofabrik – gemeinsam mit FS1 – unter Media Hub Salzburg eine visionär-pragmatische Diskussion über die Rolle von Medien in Stadt und Bundesland.
Seit Juli 2024 hat der Sender ein neues Leitungsteam: Carla Stenitzer (Programm) & Alf Altendorf (Finanzen) verantworten die Radiofabrik in der Geschäftsführung.
Quellen
Quellen Radiofabrik Geschichte 1992 – 2005:
Winter, Mirjam. „Freie Radios auf dem Weg in die Professionalität? – Programmspezifika und RadiomacherInnen der Freien Radios am Beispiel der Salzburger Radiofabrik“. Magisterarbeit, Salzburg 2005.
Knoche, Manfred/Grisold, Andrea/Hirner, Wolfgang/Lauggas, Meike/Wagner, Ulrike. Endbericht zum Forschungsprojekt. Entstehung und Entwicklung freier nichtkommerzieller Radios in Österreich. Institut für Kommunikationswissenschaft. Abteilung Medienökonomie und Empirische Kommunikationsforschung. Universität Salzburg, 2001
Quellen Radiofabrik Geschichte 2005 – 2008:
GAMS, Michael (2008). Das soziale Feld der Community Medien. Eine explorative Untersuchung über Beteiligte vor und hinter den Kulissen der Community Medien „Okto“ und „Radiofabrik“. Magisterarbeit, Salzburg.
RTR-GmbH (2008). Nichtkommerzieller Rundfunk in Österreich und Europa. Band 3/2008. Wien: Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH.
Jahresberichte
Die Jahresberichte der Radiofabrik als PDF zum Download & ausfürlichem Nachlesen findest du hier.
Artikel aktualisiert am 03.11.2024